Kann eine Schwerbehinderung befristet sein?
Die Aussage, eine Schwerbehinderung sei befristet und „laufe deshalb aus“ ist rechtlich unzutreffend, denn es gibt keine Schwerbehinderung, die befristet bewilligt werden könnte. Das Gesetz (SGB IX) ist da eindeutig, wird aber gerne missverstanden, denn entweder habe ich eine oder mehrere Behinderungen, aufgrund derer mir ein Gesamt-GdB 50 oder mehr zusteht, oder nicht.
Allerdings kann sich im Laufe der Zeit der Gesundheitszustand ändern, so dass „an sich“ keine Schwerbehinderung mehr vorläge. Aber: solange der Feststellungsbescheid, der dem Schwerbehindertenausweis zu Grunde liegt, nicht durch die Versorgungsverwaltung aufgehoben wurde, liegt weiterhin eine Schwerbehinderung vor.
Unterschieden werden muss zwischen dem Anspruch auf Anerkennung der Schwerbehinderung und dem Anspruch auf Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises.
Wird durch Bescheid festgestellt, dass ein Mensch schwerbehindert ist, also ein GdB 50 oder mehr vorliegt, besteht ein Anspruch auf Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises, was sich aus § 152 Abs. 5 SGB IX ergibt. Am Ende dieser Vorschrift heißt es: „Die Gültigkeitsdauer des Ausweises soll befristet werden. Er wird eingezogen, sobald der gesetzliche Schutz schwerbehinderter Menschen erloschen ist. Der Ausweis wird berichtigt, sobald eine Neufeststellung unanfechtbar geworden ist.“
Durch Verwendung des Wortes „soll“ ist klargestellt, dass in den Fällen, in denen keine Besserung des Zustandes mehr erfolgen kann, etwa weil die amputierte Gliedmaße nicht nachwächst, keine Befristung stattfindet und der Ausweis auf Dauer ausgestellt wird
Einzelheiten hierzu regelt die Schwerbehindertenausweisverordnung.
Wird der Schwerbehindertenausweis befristet ausgestellt, so verliert er seine Gültigkeit erst dann, wenn die dem Ausweis zu Grunde liegende Schwerbehinderung durch einen neuen Feststellungsbescheid unanfechtbar aufgehoben worden ist.
Dies geschieht also nicht automatisch!
Vielmehr wird das Versorgungsamt, wenn es Anhaltspunkte für eine Zustandsbesserung hat (typischer Fall: Heilungsbewährung) den Sachverhalt im Rahmen einer Anhörung aufklären. Senkt es den Gesamt-GdB durch Neufestellungsbescheid herab, ist die Schwerbehinderteneigenschaft damit nicht verloren, wenn binnen Monatsfrist Widerspruch erhoben wird und der Bescheid keine Bestandskraft erlangt. Denn Widerspruch und Klage haben aufschiebende Wirkung. Auf diese Weise lässt sich bei rentennahen Jahrgängen ggf. die drohende Aberkennung der Schwerbehinderung so lange hinausschieben, bis die Altersgrenze für den Antrag auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen erreicht ist.
Auch während dieser Zeit, in der der Neufeststellungsbescheid nicht unanfechtbar ist, ist der Schwerbehindertenausweis auf formlosen Antrag zu verlängern.