Grundsätze der Heilungsbewährung sind nicht starr

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Das Institut der Heilungsbewährung beinhaltet, dass im Rahmen bestimmter Erkrankungen, wie z.B. bösartiger Tumorerkrankungen, nach der Tumorentfernung für eine bestimmte Zeit pauschal ein höherer GdB anzunehmen ist, als in der Regel aufgrund der infolge des Organschadens bzw. der Therapiefolgen tatsächlich bedingten Funktionsbeeinträchtigungen gerechtfertigt wäre. Nach VMG Teil B Ziffer 1c) beträgt der Zeitraum des Abwartens einer Heilungsbewährung in der Regel fünf Jahre. Schauen wir uns das einmal anhand der Diagnose des ,erblichen Dickdarmkarzinomleidens (HNPCC)‘ an. Von einer abgeschlossenen und erfolgreichen Heilungsbewährung geht das Versorgungsamt nun aus, wenn die letzte Darmkrebserkrankung über fünf Jahre zurückliegt.
Zu beachten ist allerdings, dass die Grundsätze der Heilungsbewährung der Rechtsprechung zufolge nicht in jedem Fall starr zur Anwendung kommen können. Unanwendbar sind diese jedenfalls, wenn nach einer erstmaligen Krebserkrankung später erneut ein Rezidiv aufgetreten ist.
Das Sächsische Landessozialgericht führte dazu zu einem gleich gelagerten Fall in einer Entscheidung aus dem Jahr 2005 (AZ: L 6 SB 55/04) Folgendes aus:

„Während bei einem erstmaligen Fall der fehlgeschlagenen Heilungsbewährung (nach zunächst rezidivfreiem Ablauf der vorgesehenen 5 Jahre tritt doch noch ein Rezidiv auf) gleichwohl die Anwendung der starren Regeln – jedenfalls für die Vergangenheit – Sinn macht mit der Folge, dass eine Herabsetzung des GdB für die Zwischenzeit zwischen abgelaufener Heilungsbewährung und Rezidiv zu bestätigen wäre, liegt hier der Fall anders: Spätestens seit dem Rezidiv von 1991 wusste man um die Chronizität seines Leidens, wenn auch die Diagnose ,erbliches Dickdarmkarzinomleiden (HNPCC)‘ noch nicht feststand. Schon a priori war es also ab jetzt nicht mehr angemessen, trotz des Rezidivs noch einmal von derselben Heilungsbewährung auszugehen, schließlich haben die Statistiken, aus denen die üblichen Heilungsbewährungszeiten abgeleitet werden, nur Relevanz für das Erstrezidiv. Ist jedoch bereits ein Rezidiv aufgetreten, ist die statistische Wahrscheinlichkeit, dass auch in Zukunft weitere Rezidive auftreten werden, signifikant höher oder, umgekehrt ausgedrückt, die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um eine unheilbare Krankheit handelt, bei der der Begriff der Heilungsbewährung ohnehin fehl am Platze ist, erhöht sich von Rezidiv zu Rezidiv. Ex post – mit Diagnosestellung „HNPCC“ – wurde dann diese erhöhte Wahrscheinlichkeit quasi zur Gewissheit.“

Die Statistiken, aus denen die üblichen Heilungsbewährungszeiten abgeleitet werden, haben somit nur Relevanz für das Erstrezidiv. Im Einzelfall wird man sich mit der Versorgungsverwaltung zu streiten haben.